Wenn man die Geschichte der Zunft und die noch immer geltenden Regeln in den Statuten der Junggesellenschaft 1468 Waldshut betrachtet, stellt man sich die Frage, ob die Zunft im heutigen 21. Jahrhundert immer noch attraktiv ist und sich im schnelllebigen Alltag eines jungen Menschen durchsetzen kann. Als junger Mensch interessiert man sich in Zeiten von sozialen Medien und des gesellschaftlich fast schon erzwungenen Reisen um die Welt nur noch selten für die Geschichte und das Brauchtum der kleinen Waldstadt am Hochrhein. Das Leben im hier und jetzt ist für die meisten Jugendlichen ein fester Bestandteil im Lifestyle.

Gemeinsame Regeln und Werte

Warum sollte man für einen Verein einstehen, der mit scheinbar veralteten Regeln aus dem Mittelalter und strengen Verpflichtungen sein Dasein führt. Doch genau diese Werte und Tugenden aus dem Mittelalter gelten in einer so überfluteten Gesellschaft wie heute mehr denn je. Dinge wie Pünktlichkeit, Benehmen oder Respekt sind heutzutage leider nicht mehr selbstverständlich. Alte historische Traditionen sind nichts mehr wert. Als Zunftbruder aber bekommt man genau diese Werte von Gleichaltrigen vermittelt. Der „Fuchsendienst“ beispielsweise ist eine der ersten Aufgaben, die man als neuer Zunftbruder ableisten muss. Ordnung und Organisation werden hier verlangt und vermittelt. Man ist für die Sauberkeit der Zunftstube und generell für die Räumlichkeiten verantwortlich. Jeder weiß, dass diese Aufgaben für einen Jugendlichen nicht immer leicht sind, aber jeder weiß auch, wie diese Zeit einen geformt hat.

Heimat ist mehr als nur ein Ort sondern die Zeit zusammen

Die Tradition weiterzuführen ist essenzieller Bestandteil des Zunftlebens. Hier geht es aber nicht um die stumpfe Durchführung eines Heimatfestes. Viel mehr geht es um die Attraktivität der besonderen Geschichte der Waldstadt. Das Zunftjahr bildet nämlich nicht nur die Waldshuter Chilbi und die Fasnacht. Um diese „großen“ Events herum befinden sich viele kleine Anlässe, die das Zunftleben prägen.

Nicht in Waldshut wohnen zerstört nicht die Gemeinschaft

Als „Auswärtiger“, beispielsweise als Student weit weg von Waldshut, ist es nicht immer leicht, allen Verpflichtungen nachzukommen und an allen Anlässen vor Ort zu sein. Jedoch spielt dies auch keine große Rolle. Beruf, Studium und Schule stehen an erster Stelle. Trotzdem wird von jedem Zunftbruder verlangt, so oft wie möglich da zu sein und Präsenz zu zeigen. Jeder weiß, wie schwierig es heutzutage im Berufsleben ist und umso schöner ist es, wenn ein „Auswärtiger“ den Weg in die Waldstadt findet. Denn Zunftbruder sein heißt nicht nur Freund oder Kollege, es ist viel mehr als das. Im Laufe eines Zunftlebens erlebt und erfährt man so viele Dinge mit seinen Zunftbrüdern. Der eine steht für den anderen ein, hilft ihm in jeder Lebenslage und steht mit Rat und Tat zur Seite. Egal, ob es um berufliche Dinge, freundschaftliche Dinge, Beziehungsfragen oder um die persönliche Entwicklung geht. Diese „Bruderschaft“ bildet auch den wichtigsten Unterschied zu anderen Vereinen.

Zusammenhalt durch Freundschaft in der Zunft

Die Zunft beschränkt sich nämlich nicht nur auf ein Thema, wie beispielsweise Sport- und Musikvereine. Sie befasst sich mit dem miteinander im gesellschaftlichen Umgang in Verbindung mit den historischen Werten der Stadt. Bei uns wird keiner in irgendeiner Weise hintergangen. Wenn es Probleme gibt, werden diese offen diskutiert und man findet gemeinsam eine Lösung. Solche Diskussionen stärken die „Kameradschaft“ und die Freundschaft untereinander. Jeder weiß genau, dass der andere einem dafür nicht lange Böse ist. Diese Freundschaften, die sich in einem Zunftleben bilden, bleiben meist ein Leben lang, da man gemeinsam so viele schöne Dinge erlebt hat. Dadurch geht der Kontakt durch die Zunft zur Heimat nie verloren.

 

Abschließend lässt sich also sagen, die Junggesellenschaft 1468 Waldshut lebt durch die Geschichte. Sie stärkt sich durch Verpflichtungen und ist keineswegs ein alter Verein mit längst vergangenem Zeitgeist.